Marianne Lang | we are nature

25 Mai bis 29. Juni 2022

Marianne Langs zentrales Darstellungsmedium ist die Zeichnung – im weitesten Sinn – sie experimentiert mit unterschiedlichen Techniken, Materialien und Perspektiven. Von der „klassischen“ Bleistiftzeichnung, über eine Gravur-Zeichnung auf Glas bis zum Zeichnen mit einem Lötkolben findet sie die unterschiedlichsten Zugänge. Das Besondere in Langs Zeichnungen ist die Abstimmung der Technik auf das Motiv – so finden sich Brandzeichnung und Motten, sowie Silberstift auf schwarzer Leinwand und Pflanzen, die erst bei Nacht ihre ganze Pracht zeigen. Das zentrale Thema bildet wiederum die Natur. Wobei es nicht um reine Naturbeobachtung und Darstellung von Naturphänomenen geht, sondern um den Raum zwischen Natur und Mensch. Wie wir in der Natur leben, wie wir mit ihr umgehen und koexistieren.

„Das Haus im Grünen“ – viele Menschen verbinden mit diesen vier Worten einen tiefen Wunsch nach einem Ort der Ruhe und Entspannung, einer Oase, unberührt und abgeschieden, in der man die Seele baumeln und dem Alltag entfliehen kann. Marianne Lang macht daraus eine Werkserie, in der das Spannungsfeld zwischen Mensch und Natur thematisiert wird. Die Serie zeigt Gebäude und Innenräume, die nicht klassisch von Mauern und Fenstern getragen oder von Möbeln und Dekor bewohnt, sondern deren Umrisse durch Pflanzenbewuchs dargestellt werden. Die Motive sind real existierende Häuser und Innenräume, die teilweise von der Künstlerin adaptiert und erweitert werden.

Der Serie und auch der Kunst Langs allgemein liegt der Begriff des Raums zu Grunde. Am Beispiel des Haus im Grünen zeigt Lang Innen- wie auch Außenräume, welche erst durch Objekte und Menschen belebt werden. Es stellt sich die Frage, welche Rolle die Natur in diesen Räumen hat. Ist sie ein fixer Bestandteil unserer Lebensräume? Und wenn ja, zu welchen Bedingungen? Viele haben den Wunsch in der Natur zu sein, sie zu erleben und auch zu schützen. Aber welche Räume kann man tatsächlich noch „natürlich“ nennen? Vielleicht leben wir doch eher in einer vom Menschen geschaffenen „Natur“?

Einen ähnlichen Zugang der Durchdringung und Verschmelzung von Außen und Innen, Privat und Öffentlich, sowie Natur und Mensch findet sich in der Serie Double Sights. Dabei legt Lang zwei Motive übereinander und erinnert dabei an die fotografische Technik der Doppelbelichtung. Maßgeblich ist, dass es sich bei den Motiven um eine Landschaft und einen Innenraum handelt. Auf den ersten Blick laden die Arbeiten zum Träumen ein – der Tisch am See oder ein Sofa im Park. Doch in unserer schnelllebigen Welt, in der die Grenzen von on- und offline, privat und beruflich so dünn wie noch nie sind, kommt vielleicht bei näherer Betrachtung auch der Wunsch nach einer Trennung dieser Lebensräume auf.

We are nature - die Ausstellung soll einmal mehr das Bewusstsein der Besucher:innen und ihrer Beziehung zur Natur und ihren Lebensräumen schärfen. Und vielleicht stellt sich eine:r im Nachhinein die Frage: Are we nature?

Text: Selin Stütz